Vor 75 Jahren: Aus einem Lazarett erwächst die heutige Nordsee­klinik

Der 7. Juli 1937, ein Mittwoch, ist ein lauwarmer Sommertag auf Sylt, die Temperatur erreicht nach den historischen Wetteraufzeichnungen so eben die 20-Grad-Marke. In Westerland und an seinen Stränden erholen sich rund 30.000 Gäste. An jenem Tag beginnt die Geschichte der heutigen Asklepios-Nordseeklinik mit zwei Unterschriften unter einem Vertrag, der im Westerländer Rathaus zwischen dem Reichsfiskus und der Stadt Westerland besiegelt wird. In dem wichtigsten der sieben Vertragsparagrafen heißt es: „Das Reich erwirbt zum Zwecke der Errichtung eines Kurlazaretts der Luftwaffe von der Stadt Westerland eine etwa 43.000 Quadratmeter große Parzelle im Norden Westerlands. Der Kaufpreis beträgt eine Reichsmark pro Quadratmeter. Im selben und in den beiden Folgejahren wird das Reich 20.000 weitere an das Areal angrenzende Quadratmeter von der Stadt erwerben.

Dabei waren die Flächen von der Stadt Westerland ursprünglich als ein Gelände für Sommerhäuser ausgewiesen, die an Kurgäste veräußert werden sollten. Und obwohl bereits einige Grundstücke verkauft sind, annulliert die Stadt diese Verträge. Im Herbst 1937 wird mit den Arbeiten für das Luftwaffenlazarett begonnen, zuvor den neben der Baustelle Baracken errichtet.

Nach und nach entsteht auf dem weitläufigen Gelände nahe den Dünen eine Reihe von Massivbauten mit Rotstein-Mauerverblendung und Satteldächern, wobei die einzelnen Gebäude durch Kellergänge miteinander verbunden sind.

Im Herbst 1939 ist der Bau des Lazaretts mi seinen 150 Betten beendet. Außer den auf Sylt stationierten Soldaten werden hier auch Angehörige der Luftwaffe aus Standorten des Festlands behandelt. Für die genesenden Patienten sind dabei unter anderem „von Anbeginn warme Seebäder sowie Schlick- und Moorbäder vorgesehen”, notiert die „Sylter Zeitung’

Nach Kriegsende 1945 übernimmt zunächst das Landesversorgungsamt Schleswig-Holstein das Lazarett, das nun für Kurbehandlungen von Kriegsversehrten dient. Die räumlichen Umstände sind rudimentär: „Das Lazarett bestand zunächst nahezu nur aus einem großen Saal, der ausschließlich von Kriegsopfern und deren Familien belegt werden durfte”, vermerkt eine Aufzeichnung. Die Wohnbaracken der Arbeiter, die das Lazarett vor dem Krieg erbauten, bleiben auch nach dem Krieg noch etliche Jahre existent, werden zunächst als Notunterkünfte für Patienten und Personal, später als Isolierstation und schließlich als Notquartiere für deutsche Heimatvertriebene genutzt, die zu Tausenden auf die Insel strömen.

Ende 1945 wird der überwiegende Teil der Lazarett-Patienten nach Föhr verlegt, sodass nun auch zivile Kurpatienten aufgenommen werden können, während die Bevölkerung Sylts weiterhin das Städtische Krankenhaus in Westerland nutzt. Anfang 1946 schließen der damalige Kreis Südtondern, der das Lazarett mittlerweile verwaltet, und die Arbeiterwohlfahrt Hamburg einen Pachtvertrag, der zunächst bis 1956 gültig ist. In dem Vertragswerk heißt es unter anderem:

„Gemäß Anordnung der britischen Militärregierung bleibt das ehemalige Luftwaffenlazarett so lange als Krankenhaus aufrechterhalten, wie es die Umstände erfordern. Das ehemalige Lazarett soll den Namen “Nordsee-Sanatorium Westerland auf Sylt” tragen.”

Neben den Patienten externer Institutionen und den Kriegsversehrten reisen ab 1951 auch erholungsbedürftige Gäste an – zunächst nur aus Hamburg, doch bald aus dem gesamten Bundesgebiet. Aufgrund der hohen Nachfrage werden einige Patienten, insbesondere die Kriegsversehrten, außerhalb des Geländes untergebracht, jedoch vom Sanatorium betreut. In den 1950er-Jahren wurden an Knochentuberkulose Erkrankte üblicherweise drei bis sechs Monate in der Nordseeklinik stationär behandelt. Mehr noch: Es gab sogar Patienten, die hier über vier Jahre behandelt wurden – „und selbst in solch hartnäckigen Fällen konnte eine Heilung erreicht werden”, konstatierte das Krankenhaus.